Das kleine Einmaleins der Eigenheimfinanzierung

Was es bei der Finanzierung Ihres Hauses oder Ihrer Eigentumswohnung zu beachten gilt - ein Ratgeber in leicht verdaulichen Häppchen.

Der Erwerb eines Eigenheims gehört für viele Menschen in der Schweiz zu den bedeutendsten finanziellen Entscheidungen ihres Lebens. Angesichts der stabilen Immobilienpreise und des niedrigen Zinsniveaus erscheint der Schritt in die eigenen vier Wände verlockend, doch die Finanzierung eines solchen Vorhabens kann komplex sein. Dieser Artikel richtet sich an potenzielle Eigenheimkäufer in der Schweiz und bietet einen umfassenden Überblick über die wichtigsten Aspekte der Eigenheimfinanzierung. Wir beleuchten Themen wie Tragbarkeit, Belehnungsgrenzen, kalkulatorische Zinssätze, unterschiedliche Hypothekenarten, Amortisationsmöglichkeiten und die Rolle von Sicherheiten wie Schuldbriefen. Unser Ziel ist es, Ihnen das notwendige Wissen an die Hand zu geben, damit Sie fundierte Entscheidungen treffen und den Traum vom eigenen Heim sicher verwirklichen können.

Voraussetzungen für die Kreditvergabe

Für die Gewährung einer Hypothek in der Schweiz müssen potenzielle Käufer verschiedene Anforderungen erfüllen, die sowohl ihre finanzielle Stabilität sicherstellen als auch das Risiko für die Kreditgeber minimieren:

Eigenkapital
Kreditnehmer müssen mindestens 20% des Kaufpreises des Hauses als Eigenkapital einbringen. Davon müssen mindestens 10% aus Mitteln stammen, die nicht aus der Pensionskasse (2. Säule) bezogen werden. Diese sogenannten harten Eigenmittel können entweder Kontoguthaben oder Mittel aus der dritten Säule sein. 

Exkurs: Nutzung von Vorsorgegeldern – Bezug vs. Verpfändung
In der Schweiz können Vorsorgegelder aus der 2. und 3. Säule zur Finanzierung von Wohneigentum auf zwei Arten genutzt werden: durch Bezug oder Verpfändung. Beide Optionen bieten unterschiedliche Vorteile und sollten basierend auf Ihrer persönlichen finanziellen Situation gewählt werden.

  1. Bezug von Vorsorgegeldern:
    • Beim Bezug werden Gelder direkt aus Ihrer Pensionskasse (2. Säule) oder aus der gebundenen Vorsorge (3. Säule) entnommen und zur Finanzierung des Eigenkapitals verwendet.
    • Diese Gelder werden von Ihrem Vorsorgekonto abgezogen und verringern somit das bei der Pensionierung verfügbare Kapital.
    • Der Bezug ist steuerpflichtig, wobei der Steuersatz oft günstiger ist als der normale Einkommenssteuersatz, da das Kapital separat als einmaliges Einkommen besteuert wird.
  2. Verpfändung von Vorsorgegeldern:
    • Bei der Verpfändung bleibt das Kapital in der Vorsorgeeinrichtung, Sie nutzen es jedoch als Sicherheit für das Hypothekendarlehen.
    • Dies erhöht Ihre Kreditwürdigkeit und kann zu besseren Kreditkonditionen führen, ohne dass Ihr Vorsorgekapital geschmälert wird.
    • Die verpfändeten Mittel bleiben investiert, was bedeutet, dass sie weiterhin Erträge erwirtschaften können und das vollständige Vorsorgekapital bei Pensionierung verfügbar bleibt.
    • Es fallen keine Steuern für die Verpfändung an, da kein Kapital bezogen wird.

Entscheidungsfindung

Die Wahl zwischen dem Bezug und der Verpfändung von Vorsorgegeldern hängt von mehreren Faktoren ab.

  1. Steuersituation: Möchten Sie die sofortige Steuerlast durch einen Bezug in Kauf nehmen, oder bevorzugen Sie eine steuerneutrale Verpfändung?
  2. Finanzielle Zukunftsplanung: Ist es Ihnen wichtiger, Ihr Vorsorgekapital für die Pensionierung zu maximieren, oder benötigen Sie mehr Liquidität für Ihr sofortiges Eigenkapital?
  3. Kreditbedingungen: Manchmal ermöglicht die zusätzliche Sicherheit durch eine Verpfändung bessere Hypothekenbedingungen.

Es ist wichtig, beide Optionen sorgfältig zu prüfen und gegebenenfalls eine Beratung mit einem Finanzexperten in Anspruch zu nehmen, um die beste Entscheidung für Ihre individuelle Situation zu treffen.

Tragbarkeit

Die monatlichen Kosten für die Hypothek (Zinsen, Amortisation, Nebenkosten) dürfen nicht mehr als ein Drittel des Bruttohaushaltseinkommens betragen. Dies soll sicherstellen, dass der Kreditnehmer die Hypothek auch bei möglichen Zinserhöhungen oder Einkommensveränderungen weiterhin tragen kann.

Kalkulatorischer Zinssatz: Banken verwenden einen kalkulatorischen Zinssatz, der höher ist als der aktuelle Zinssatz, um die Tragbarkeit zu testen. Dieser liegt oft bei etwa 5%, was bedeutet, dass die Tragbarkeit auch unter ungünstigeren Zinsbedingungen gegeben sein muss.

Amortisation

Die Hypothek muss in der Regel bis zum Erreichen des Rentenalters (meist 65 Jahre) zu zwei Dritteln abbezahlt sein. Das bedeutet, dass mindestens 15% des Darlehensbetrags innerhalb der ersten 15 Jahre nach Abschluss des Darlehens amortisiert werden müssen.

Exkurs: Indirekte Amortisation
Indirekte Amortisation ist eine beliebte Methode in der Schweiz, um die Hypothekenschuld im Rahmen der Eigenheimfinanzierung zu reduzieren, ohne die laufende Liquidität des Kreditnehmers zu beeinträchtigen. Diese Art der Amortisation hat spezifische Vorteile und Funktionen, die sie besonders attraktiv machen.

Funktionsweise: Bei der indirekten Amortisation wird das Darlehen selbst während der Laufzeit nicht direkt getilgt. Stattdessen zahlt der Kreditnehmer Beiträge in seine gebundene Vorsorge, meist in die 3. Säule oder in eine spezielle Lebensversicherung. Diese Einzahlungen bauen Kapital auf, das am Ende der Laufzeit oder zu einem vereinbarten Zeitpunkt dazu verwendet wird, das Hypothekendarlehen teilweise oder vollständig zurückzuzahlen.

Vorteile

  • Steuerliche Effizienz: Die Beiträge zur 3. Säule sind bis zu einem jährlich festgelegten Höchstbetrag vom steuerbaren Einkommen abziehbar, was eine sofortige Steuerersparnis bedeutet.
  • Erhalt der Vorsorge: Da das Geld in die Vorsorgeeinrichtung fließt, bleibt das Kapital erhalten und profitiert von der Kapitalbildung, was besonders vorteilhaft ist, wenn die Renditen höher sind als die Hypothekenzinsen.
  • Flexibilität: Im Vergleich zur direkten Amortisation, bei der die Hypothekenschuld direkt reduziert wird, bietet die indirekte Amortisation mehr Flexibilität in Bezug auf die Verfügbarkeit der Mittel.

Überlegungen: Eine Indirekte Amortisation ist ideal für Personen, die ihre steuerliche Belastung optimieren und gleichzeitig für das Alter vorsorgen möchten. Es ist jedoch wichtig, dass die Rendite der Vorsorgeinvestitionen die Kosten der Hypothek übersteigt, um einen finanziellen Vorteil zu realisieren.

Beispiel: Angenommen, Sie haben eine Hypothek von CHF 500,000. Anstatt jährlich CHF 5,000 direkt in die Hypothek zu investieren, zahlen Sie diesen Betrag in Ihre 3. Säule ein. Über die Jahre hinweg wächst dieses Kapital durch Zinseszins. Am Ende der Laufzeit verwenden Sie das angesparte Kapital, um einen Teil Ihrer Hypothek abzulösen.

Bonitätsprüfung

Die Banken führen eine gründliche Bonitätsprüfung durch, um die Kreditwürdigkeit zu bewerten. Dies umfasst die Überprüfung der Einkommensverhältnisse, bestehender Schulden und früherer Kreditgeschichte.

Einfaches Rechenbeispiel zur Belehnung und Tragbarkeit

Nehmen wir an, Sie möchten eine Immobilie kaufen und betrachten einen Kaufpreis von CHF 800’000. Die Bank verlangt, dass Sie mindestens 20% (CHF 160’000) als Eigenkapital einbringen. Davon können maximal CHF 80’000 aus Ihrer Pensionskasse (2. Säule) stammen. Die restlichen Eigenmittel (CHF 40’000) müssen Bankguthaben sein oder aus Ihrer 3. Säule stammen.

Für die Tragbarkeitsberechnung mit einem kalkulatorischen Zinssatz von 5% und angenommenen Nebenkosten von 1% des Kaufpreises pro Jahr, würde sich folgende Rechnung ergeben:

  • Jährlicher Zinsaufwand: 5% von CHF 640’000 (80% von CHF 800’000) = CHF 32’000
  • Jährliche Amortisation: 1% von CHF 640’000 (um in 15 Jahren mindestens 15% zu amortisieren) = CHF 6’400
  • Jährliche Nebenkosten: 1% von CHF 800’000 = CHF 8’000
  • Gesamte jährliche Wohnkosten: CHF 46’400

Diese Kosten müssen weniger als ein Drittel Ihres jährlichen Bruttoeinkommens sein. Für die Tragbarkeit ist also ein Mindestbruttoeinkommen von CHF 139’200 (CHF 46’400 * 3) erforderlich.

Finanzierungsarten: Festhypothek vs. SARON-Hypothek

Beim Erwerb eines Eigenheims in der Schweiz stehen Ihnen unter anderem die Festhypothek und die SARON-Hypothek als Finanzierungsoptionen zur Verfügung. Beide haben spezifische Eigenschaften, die sie für unterschiedliche finanzielle Situationen und Risikoprofile geeignet machen:

Festhypothek:

  • Zinssatz: Der Zinssatz einer Festhypothek ist über die gesamte Laufzeit, die typischerweise zwischen 2 und 10 Jahren beträgt, festgelegt. Dies bietet eine hohe Planungssicherheit hinsichtlich der zukünftigen Zahlungen.
  • Planbarkeit: Da der Zinssatz fest ist, sind die monatlichen Hypothekenzahlungen konstant. Das erleichtert das Haushaltsbudgeting, besonders in einem Zinsumfeld, das als steigend eingeschätzt wird.
  • Sicherheit: Eine Festhypothek ist ideal für Kreditnehmer, die Risiken minimieren und genaue Vorhersagen ihrer Finanzen über Jahre hinweg wünschen.

SARON-Hypothek:

  • Zinssatz: SARON (Swiss Average Rate Overnight) bezieht sich auf einen durchschnittlichen Übernacht-Zinssatz am Schweizer Interbankenmarkt. Die Zinsen einer SARON-Hypothek werden regelmäßig angepasst, oft vierteljährlich, was zu Schwankungen in den Zahlungen führen kann.
  • Flexibilität: Diese Hypothekart bietet eine größere Flexibilität in Bezug auf die Zinsentwicklung. Ist der Markt-Zinssatz niedrig, profitieren die Kreditnehmer von geringeren Zahlungen.
  • Risiko: Die SARON-Hypothek birgt das Risiko steigender Zinsen, was zu höheren Kosten über die Zeit führen kann. Sie ist geeignet für Kreditnehmer, die bereit sind, Marktschwankungen zu nutzen und eventuelle Zinssteigerungen finanziell tragen können.

Entscheidungshilfe: Die Wahl zwischen einer Festhypothek und einer SARON-Hypothek hängt wesentlich von Ihrer persönlichen Risikotoleranz und Ihrer finanziellen Flexibilität ab. Eine Festhypothek bietet Sicherheit und Vorhersehbarkeit, während eine SARON-Hypothek potenziell niedrigere Kosten bietet, aber mit einem höheren Risiko verbunden ist. In jedem Fall lohnt es sich, die persönliche Situation und Ausgangslage mit einem Experten zu besprechen.

Rechtliche Aspekte der Eigenheimfinanzierung in der Schweiz

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Hypothekenvergabe in der Schweiz sind sorgfältig darauf ausgerichtet, ein Gleichgewicht zwischen dem Schutz der Kreditgeber und der Kreditnehmer zu schaffen. Hier sind einige Kernpunkte dieser rechtlichen Struktur:

Schuldbrief: Ein wesentliches Sicherungsinstrument in der Hypothekenfinanzierung. Der Schuldbrief ist eine Urkunde, die das Recht auf eine bestimmte Geldsumme gegen das Grundstück verbriefen lässt und im Grundbuch eingetragen wird. Im Falle eines Zahlungsausfalls gibt der Schuldbrief dem Kreditgeber das Recht, sich aus dem Wert der Immobilie zu befriedigen. Dieses Instrument kann bei festverzinslichen sowie variabel verzinslichen Hypotheken zum Einsatz kommen und ist übertragbar, was eine hohe Flexibilität im Kreditmanagement ermöglicht.

Grundbucheintragung: Alle Rechte an Immobilien sowie Hypotheken müssen im Grundbuch eingetragen werden. Diese Eintragungen sind öffentlich zugänglich und bieten Transparenz über alle rechtlichen Verhältnisse, die eine Immobilie betreffen. Die Eintragung dient nicht nur der Sicherheit des Kreditgebers, sondern schützt auch den Kreditnehmer vor unberechtigten Ansprüchen Dritter.

Regulierung und Aufsicht: Die Schweizer Finanzmarktbehörden regulieren und überwachen die Hypothekenmärkte, um Stabilität und Fairness zu gewährleisten. Dies schließt die Einhaltung von Mindestanforderungen bei der Kreditvergabe ein, wie zum Beispiel die Notwendigkeit, die Tragbarkeit des Kredits nachzuweisen und entsprechende Amortisationspläne zu erstellen.

Diese rechtlichen Rahmenbedingungen stellen sicher, dass die Hypothekenvergabe in der Schweiz sowohl sicher als auch fair ist, und schützen die Interessen aller Beteiligten.

Fallstricke bei der Eigenheimfinanzierung

Bei der Finanzierung eines Eigenheims in der Schweiz können einige Stolpersteine auftreten, die es zu vermeiden gilt:

  • Unterschätzung der Gesamtkosten: Viele Käufer konzentrieren sich auf den Kaufpreis und übersehen dabei weitere Kosten wie Notarkosten, Grundbuchgebühren, Handänderungssteuern sowie laufende Unterhalts- und Renovierungskosten. Diese Kosten können das Budget erheblich belasten.
  • Unzureichende Budgetierung für Nebenkosten: Neben den direkten Kaufkosten fallen regelmäßig Nebenkosten an, die in die Tragbarkeitsberechnung einfließen sollten. Dazu zählen Versicherungen, Steuern und Wartungsausgaben.
  • Überbewertung der eigenen finanziellen Kapazität: Einige Käufer neigen dazu, ihre finanzielle Belastbarkeit zu optimistisch einzuschätzen. Dies kann zu Schwierigkeiten bei der Rückzahlung der Hypothek führen, insbesondere wenn die Zinsen steigen oder das Einkommen sinkt.
  • Verlockende Anfangszinsen: Kreditangebote mit attraktiven Einstiegszinsen können später zu unerwartet hohen Kosten führen. Es ist wichtig, die gesamte Laufzeit des Kredits und die möglichen Zinsanpassungen zu betrachten.
  • Nichtberücksichtigung zukünftiger Lebensumstände: Veränderungen wie Familienzuwachs, Arbeitsplatzwechsel oder Pensionierung können die finanzielle Situation beeinflussen. Eine flexible Finanzierungsplanung, die solche Veränderungen berücksichtigt, ist essenziell.

Fazit

Der Erwerb und die damit einhergehende Finanzierung eines Eigenheims ist eine der grössten finanziellen Entscheidungen für viele Menschen. Eine gründliche Planung und ein tiefes Verständnis der verschiedenen Finanzierungs- möglichkeiten sowie der rechtlichen Bedingungen sind unerlässlich. Durch das Vermeiden häufiger Fallstricke und eine umsichtige Vorbereitung können zukünftige Eigenheimbesitzer ihre Chancen verbessern, ein passendes und sicheres Zuhause zu finden. 

Wenn Sie weitere Informationen benötigen oder eine individuelle Beratung wünschen, zögern Sie nicht, sich an einen qualifizierten Finanzberater zu wenden. Unsere Experten vom Grundeigentümer Verband Schweiz stehen Ihnen gerne zur Verfügung, um Sie auf Ihrem Weg zum Eigenheim zu unterstützen.

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Sven
Ortega-Bieri
Real estate specialist with passion